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Die Bergung der EvaDora IV |
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Die Bergung der Evadora IV
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![]() Die Bergung eines Wracks aus der Havel in Berlin |
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Auffinden des Wracks
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Der für die Berliner Unterhavel zuständige Fischer L. berichtete uns, dass er mit seinen mehrere hundert Meter langen Netzen beim Fischen im Bereich Breitehorn seit Jahren an einem undefinierbaren Gegenstand hängen bliebe und dadurch an den Netzen schon erheblicher Schaden entstanden sei. Wir verabredeten einen Ortstermin und es wurde vor Breitehorn ein Fischzug zur Auffindung des Hindernis gestartet. |
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![]() Fischzug zum Auffinden eines Hindernisses |
Ankerspill ertastet
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Das Netz wurde mit zwei Wasserfahrzeugen bis fast bis zur Mitte der Havel ausgebracht, dann fuhren beide, mit riesigen Netzrollen ausgerüsteten Spezialfahrzeuge, in einem großen Bogen, dicht am Ufer aufeinander zu und schlossen so das Netz zu einem Kreis. Beide Fahrzeuge wurden miteinander verbunden, dann zogen Motorwinden das riesige Netz zusammen. An den Netzschwimmern konnte man gut erkennen, wie sich das Netz immer weiter ringförmig schloss. |
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![]() Das Netz wird zusammengezogen |
Inzwischen habe ich meine Taucher-Klamotten angelegt und wartete ab. Ein Taucher machte die Seitenwinde an unserer Taucherplattform klar und hakte mir die Sicherungsleine in den Bleigurt. Dann bildeten die Netzschwimmer plötzlich eine Elypse und das bedeutete, das Netz hängt an einer Stelle fest. Mit gemischten Gefühlen schwamm ich von außen an das zum Teil zusammengezogene Netz heran un ließ mich dann dicht bei den Netzschwimmern am Netz nach unten sinken. |
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Durch vorsichtiges Ziehen am Grundseil fand ich die Stelle, an der es sich verhakt hatte. Ich befreite das Netz von diesem Gegenstand und befestigte daran meine Sicherungsleine. Dann tauchte ich vorsichtig auf und gab das Zeichen, das alles OK sei. Das Netz ist dann weiter in Richtung Ufer zusammengezogen worden. Von der Taucherplattform holte ich mir das Stahlseil der Hebewinde und tauchte entlang meiner Sicherungsleine wieder zu den Hindernis hinab. Dabei zog ich das Stahlseil hinter mir her und befestigte es an dem Hindernis, danach gab ich das Zeichen zum Hochziehen. |
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![]() Ankerspill für den Handbetrieb An diesem Teil blieb das Netz seit Jahren hängen. Der Rest der Segelyacht war schon im Schlamm versunken. |
Das Stahlseil straffte sich und dann konnte das Hindernis an die Wasseroberfläche gezogen werden. Es waren ein Ankerspill für Handbedienung und ca. 2 qm Bootsdeck. |
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Die Bergung
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Der Entschluß zur Bergung des ganzen Schiffes war schnell gefaßt. Es folgten Besprechungen darüber, wie die Bergung erfolgen soll. Es waren Auftriebskörper für mindestens fünf Tonnen zu beschaffen und sie mit Befestigungsösen und den notwendigen Ein- und Auslässen zu versehen. |
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![]() Bergung mit Hilfe von Auftriebskörperrn |
Arbeit unter Wasser
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Es wurden ca. 100 m Füllschläuche und ein leistungsstarker Luftkompressor, dutzende großer Schäkel, Stahlketten, unzählige Seile, starke Saugpumpen und die dazu gehörende Saugleitung, Benzinvorräte, Sicherungslampen, Werkzeuge aller Art, vier große Anker und vieles mehr benötigt. Daneben hatte natürlich jeder Taucher seine eigenen Kisten, gefüllt mit Taucherklamotten und all den Dingen, die sich im Laufe von vielen Jahren für Bergungen aller Art als nützlich erwiesen hatten. |
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![]() Mit dem Bug voraus an die Oberfläche |
An die Arbeit in totaler Finsternis, umgeben von nichts als Schlamm, in der Kajüte eines Wracks, hat man sich bald gewöhnt. Man tut einfach seine Arbeit und schiebt den Saugrüssel vor sich her, in den Schlamm, um sich so langsam von der Plicht her bis ins Vorschiff vor zu arbeiten. Auch bei absoluter Dunkelheit findet man sich gut zurecht und kennt bald jeden Winkel des Wracks, "man sieht mit den zehn Fingern". Der Mann an der Sicherheitsleine, oben auf der Arbeitsplattform, spürt genau, ob der Taucher ruhig und ausgeglichen arbeitet, es ist wie telefonieren. |
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![]() Das Wrack schwimmt auf |
Eignerschild gefunden
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Nur die verrosteten Sprungfedern der längst verrotteten Sitzpolster in der Kajüte bereiteten mir manchmal Stress. Die kleinen piekenden Ungeheuer setzten sich immer wieder an der Mündung des Saugrüssels fest oder durchstachen in der Kniegegend meinen Trockenanzug. Wassereinbruch in einen Trockenanzug, wenn auch nur tröpfchenweise, ist ja nicht so schön und schon gar nicht im Winter. |
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![]() Das Eignerschild ist gefunden |
Siegestrophäen, Segel, Geschirr
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Es stellte sich heraus, dass das Schiff voll ausgerüstet, mit allen Segeln, Geschirr, Bestecke und seinen bei diversen Regatten gewonnenen Trophäen, sank. Das lustige Geklimper im Saugrohr wurde durch die aufsteigenden Schnapsgläser verursacht. Der Klapptisch der Kajüte wies Spuren einer Explosion auf. Nach der provisorischen Reinigung der Kajüte wurden Auftriebskörper (Heizöltanks), mit einem Rauminhalt von 5000 l, im Schiffsrumpf, an den Befestigungsbolzen des Bleikiels, befestigt und die Füllschläuche für Pressluft verlegt. |
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![]() Schildhorn-Wettfahrt Berlin Pokal für Evadora IV |
Dann schwiegen die Saugpumpen. Dafür dröhnte der Motor des Luftkompressors und die Auftriebskörper wurden nach System angeblasen. Aufsteigende Luftblasen ließen erkennen, dass sich das Wrack bewegt und aus dem Schlamm löst. Nach ca. 15 Minuten kündigte sich der Schiffskörper mit sprudelnden voraus gedrückten Wasserbergen an der Oberfläche an und durchstieß mit dem Bug voran die Wasseroberfläche. Das Taucherteam jubelte und riss die Arme nach oben. Es wurden die obligatorischen Erfolgsfotos geschossen, doch nach wenigen Sekunden sank das Schiff wieder in die Tiefe, 5 Tonnen Auftrieb waren zu wenig, um das Schiff an der Wasseroberfläche schwimmfähig zu halten. Die Aktion wurde an diesem Tag abgebrochen. Weitere Auftriebskörper mußten beschafft werden, so dass am Ende ein Auftrieb von 6,8 Tonnen zur Verfügung stand. Damit wurde das Segelschiff aus 6m Tiefe gehoben und blieb, wie es schien, schwimmfähig. Vorsichtshalber wurde das Wrack nahe dem Ufer wieder auf Grund gesetzt, zum Schutz vor Wrackplünderern und für weitere Untersuchungen. |
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![]() Nahe dem Ufer erneut auf Grund gesetzt |
Abtransport der EvaDora IV
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Ein Abtasten des Schiffsrumpfes ergab, dass es oberhalb der Wasserlinie ein Einschussloch gab und mehrere Planken durch Splittereinwirkung beschädigt waren. Das erklärt auch die Explosionsspuren an der Tischplatte. Diese Beschädigungen haben das Schiff damals sinken lassen. Die Löcher wurden mit Flicken, zurechtgeschnitten aus einem alten Feuerwehrschlauch, zugenagelt. Wieder wurden die Saugpumpen angeworfen, um das im Schiffsrumpf verbliebene Wasser zu entfernen und dann war das Wrack wieder schwimm- und transportfähig, sogar die Ruderanlage funktionierte einwandfrei. Inzwischen hatte die Presse von der Sache Wind bekommen und so wurde das Wrack erst einmal ausgiebig fotografiert. Alle Sicherheitsmaßnahmen für die Überführung des Wracks, in den Hafen der Taucher, wurden noch einmal überprüft. Dann nahm der Fischer das Wrack an den Haken und wir fuhren mit Polizeigeleit zur Hafenanlage unseres Taucherclubs. Hier wurde das Schiff zur Überwinterung vertäut und es erfolgte die Endreinigung des Schiffsrumpfes. |
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![]() EvaDora IV am Haken |
Das Skelett der EvaDora IV
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Bei der Endreinigung wurden noch einmal unzählige Bodenbretter und Reste der Innenausstattung entfernt. Frischwasser wurde eingeleitet, damit der restliche Schlamm abgepumpt werden konnte. Wir trauten unseren Augen nicht. Neben Wettkampfmedaillen, einem Eignerschild und allerlei mehr oder weniger nützlichem Zeug, wie Geschirr, legten die Taucher ein fast vollständiges Skelett eines Menschen, dazu einen Ehering, 585er Gold, mit den Initialen E.K. 28. Januar 1930, frei. Es musste sich um das Skelett eines großen Menschen handeln. Die Knochen haben in den vielen Jahren unter dem Schlamm ein dunkelbraune Farbe angenommen, an manchen Stellen schimmerten sie bläulich. |
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![]() Ein Skelett wird gefunden |
Mordkommission ermittelt
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Nun schaltete sich die Vermisstenstelle der Mordkommission ein und führte entsprechende Ermittlungen durch. Wir Taucher wurden zu Vernehmungen vorgeladen. Die große Frage war, wer war der Mensch mit dem Ehering E.K. 28. Januar 1930? Das aufgefundene Eignerschild führte nicht zur Klärung der Sachlage. Ab diesem Zeitpunkt wurde ich von sensationslüsternen Pressevertretern bedrängt, auch von denen der unangenehmenen Sorte. Es erschienen Berichte in diversen Tageszeitungen und Klatschblättchen, wie, Die Aktuelle, BZ, Volksblatt Berlin, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Segelsport, Berliner Taucher, Tauchen, Die Yacht, Der Zehlendorfer und anderen Zeitungen. Mit Hilfe des von alten Segelschiffen begeisterten Herrn S., vom MYCvD, konnte der gesammte Lebenslauf des Schiffes in verstaubten Archiven herausgefunden werden. Abschließend fand eine Besprechung statt, bei der alle bis zu diesem Zeitpunkt stattgefundenen Ereignisse noch einmal aufgearbeitet wurden. Es waren der Fischer, die beteiligten Taucher, Vertreter der Polizei (Mordkommission, Wasserschutzpolizei) und geladene Leute zugegen, die Presse war ausgeschlossen. Wir meldeten das Wrack als Fundsache an und machten unsere Ansprüche geltend. |
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Eignerschild Albert Schirmacher
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Wir Taucher hätten natürlich gern mehr über den auf dem Eignerschild benannten Albert Schirmacher, Charlottenburg Bayern-Alle 6 erfahren, aber an der angegebenen Adresse kannte ihn niemand. Selbst Mieter, die schon seit vielen Jahren dort wohnten, kannten den Namen nicht. Erst viel später stießen wir auf einen entfernten Verwandten. Dieser Verwandte erinnerte sich: "Ja, der Albert hatte am Wannsee ein großes Segelschiff liegen. An Bord beschäftigte er zwei Matrosen und wenn der Albert an Bord kam, dann mussten die beiden am Bug antreten und grüßen. Albert starb 1948 eines natürlichen Todes." |
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![]() Eignerschild der EvaDora IV konnte im Wrack gefunden werden |
Die Versenkung der EvaDora IV
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Es war im April 1945, der zweite Weltkrieg neigt sich seinem Ende zu. Die Sowjetische Armee hat die meisten Außenbezirke Berlins bereits fest unter ihre Kontrolle gebracht. Überall ist das Dröhnen von Kanonen zu hören, die Explosionen liegen aber weit entfernt vom Wannsee, als sich der damals 17jährige Arztsohn H.E. im Hafen des Potsdamer Yachtclubs am Wannsee damit beschäftigte, die Segelyacht seines Vaters klar zu machen, um sich mit ihr vor den anrückenden russischen Truppen in Sicherheit zu bringen. Er wollte mit der Yacht über den Wannsee und die Havel, hinüber nach Gatow fliehen. Dort besaß seine Familie ein Wochenendhaus. |
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Der letzte Passagier an Bord
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Gerade war er dabei, noch einigen Hausrat einzuladen, als ihn der SS-Offizier Janicke ansprach. Janicke war in Uniform und musste sich ebenfalls vor den heranrückenden Russen in Sicherheit bringen. Er war sichtlich nervös und bat den 17jährigen E., die Yacht "Werwolf" (EvaDora IV) längseits zu nehmen und sie mit hinüber nach Gatow zu überführen. Das Schiff hatte zu der Zeit keinen Mast und keinen Motor. |
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Aufschlagzünder gefunden
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Auch den Aufschlagzünder der Granate, die damals die Wehrwolf versenkte, haben wir gefunden (er wurde später durch die Kripo sichergestellt). Es war für alle ein bewegender Moment, der Mann, der im April 1945 als letzter an Bord der Wehrwolf (EvaDora IV) war, stand nun mit denen, die das Schiff hoben, wieder an Bord. Damit galt die Geschichte um das Wrack als restlos aufgeklärt. Als der Wannsee und die Havel eisfrei waren, fuhren wir mit Herrn E. hinüber nach Breitehorn. Wir fuhren den Kurs, den er damals genommen haben musste. Ohne ihm genau die Stelle zu zeigen, an der wir das Wrack hoben, konnte er sich erinnern. Er zeigte auf eine Stelle, die nur unwesentlich vom tatsächlichen Fundort abwiech. |
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![]() Aufschlagzünder einer russischen Granate eingeprägtes Datum: 17. Woche (April) 1945 |
Wer war der Tote?
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Ein Geheimnis konnte bis heute nicht geklärt werden. Wie kommt das Skelett eines großen Menschen, mit einem Ehering, mit der Gravur E.K. 28. Januar 1930, an Bord des versunkenen Schiffes? War es vielleicht ein Wrackplünderer, der nicht den Weg zurück aus der Kajüte gefunden hatte oder hatte ein dilettantischer Bergungsversuch stattgefunden, der zum Tode dieses Menschen führte? Niemand weiß es und es scheint für immer ein Geheimnis zu bleiben. |
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![]() Wer trug diesen Ring? |
Hilfe aus der Bevölkerung
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Aus München erreichte uns der folgende Brief: |
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Die EvaDora wird verkauft
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Es war an einem Sonntag, in unserem Clubhaus. Unser Taucherteam saß in einer gemütlichen Runde zusammen. In der großen Runde saßen noch andere Personen, darunter ein Herr, den ich vorher nie gesehen habe. Er interessierte sich sehr für die Geschichte der EvaDora IV und fragte mich dann, ob er das Schiff kaufen könne. |
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![]() Der neue Eigner der EvaDora IV |
Verlegung der EvaDora IV
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Durch Rückfragen versicherte ich mich, dass seine Kaufabsicht erst gemeint war. Das Schiff war durch die Fundanzeige, auf die sich kein anderer rechtmäßiger Eigentümer meldete, bereits in unser Eigentum übergegangen. So stand einem Verkauf nichts im Wege. |
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![]() Der neue Eigner der EvaDora IV |
Der neue Eigner wollte das Schiff zum Südhafen, nach Berlin-Spandau, verlegen, um es dort an Land zu nehmen. Die Verlegung boten wir als Service an. Im Rahmen der Vorbereitungen für die relativ lange Fahrt musste zunächst die Schwimmlage des Schiffes verändert werden. Durch ein in den vorderen Bereich des Bugs gestelltes, mit Wasser gefülltes Benzinfass, konnte die Schwimmlage und somit auch die Mannövrierfähigkeit verbessert werden. Die zu kurze Ruderpinne des ansonsten voll funktionsfähigen Ruders ist verlängert worden. Ein motorisiertes Beiboot ist mit der Evadora IV fest verzurrt worden, es sollte als Schubschiff dienen. Diverse Leinen und sonstiges, der Sicherheit dienendes Material kamen an Bord. |
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![]() An der Heerstraße, Spandauer Gemünd |
Durch mehrere, vor unserer Hafenanlage gefahrene Mannöver konnten wir uns von der Sicherheit für die Mannschaft und das Schiff überzeugen. Dabei mussten wir genau die Wassertiefe vor unserer Hafenanlage beachten, denn die Evadora IV hatte ca. 1,80 m Tiefgang. Der Eigner, Herr P., kam an Bord und wir gingen auf "große Fahrt", nach Berlin-Spandau. Zunächst übernahm ich das Ruder, später übernahm der Eigner. |
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Berlin-Terminal in Spandau
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Die Fahrt verlief erwartungsgemäß völlig problemlos und endete am Berlin-Terminal des Südhafen Berlin-Spandau. Dort wurde das Schiff mit einem Kran an Land gehoben und dabei gleich gewogen, 6,3 t, minus Ballast, also rund 6 t. Später waren wir noch einmal bei dem Schiff, um ein paar Fotos zu machen. Inzwischen sind einige durch Granatenbeschuss beschädigte Planken ausgewechselt worden, um das Schiff ist eine provisorische Halle gebaut worden. |
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![]() Berlin-Spandau Südhafen |
Das Schiff ist dann noch einmal verlegt worden, ob zu Wasser oder auf dem Landweg ist uns nicht bekannt. Bei der Yacht- und Bootswerft Kuhlke ist der Rumpf der Evadora IV professionell konserviert und überarbeitet worden. Der Rumpf bekam einen neuen Anstrich. Nach einem jahrelang andauernden Rechtsstreit soll das Schiff dann der Werft übereignet worden sein. |
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![]() Evadora IV wird an Land gezogen |
Damit schien die Geschichte der Evadora IV für das Tauchteam seinen endgültigen Abschluß gefunden zu haben. |
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![]() Ruderblatt und Antriebswelle |
26.06.2007 : Es ist ein interessanter Hinweis eingegangen. |
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